Übergangsgewinn bei Gesellschafter-Geschäftsführern – Fallen Pensionsabfindungen in den begünstigten Übergangsgewinn?

Folgender Sachverhalt wurde beim VwGH behandelt: (VwGH 19.4.2018, Ro 2016/15/0017)

Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bezog Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Einkünfte wurden mittels einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung ermittelt.
Es kam zu einer Pensionszusage, welche nach dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung nach dem Erreichen des 60. Lebensjahres gewährt wird. Anstatt der Pension konnte auch eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Barwertes der Pensionsverpflichtung verlangt werden.
Der ausscheidende Gesellschafter-Geschäftsführer entschied sich für die einmalige Kapitalabfindung (€ 1,246 Mio.). Die Auszahlung erfolgte noch im selben Jahr und wurde als Übergangsgewinn erklärt.
Das Finanzamt hat die Pensionsabfindung nach dem Tarif besteuert.
Beim Bundesfinanzgericht (BMF) wurde Berufung gegen diese Tarifbesteuerung eingebracht. Diese wurde aber als unbegründet wieder abgelehnt, da es sich um keinen Übergangsgewinn handelt.
Begründung: mittels einer Firmenpension wird eine ehemalige Tätigkeit vergütet und somit nicht die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit. Da der Gesellschafter-Geschäftsführer den Anspruch auf diese Kapitalabfindung erst mit dem Pensionsantritt erwirbt, kommt die Erfassung als Übergangsgewinn nicht in Betracht, da die Kapitalabfindung erst im Folgemonat nach dem Ausscheiden gebührt.
Erkenntnis des VwGH zu diesem Fall:
Einer einmaligen Kapitalabfindung (Pensionsabfindung), welche einem GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer anstelle einer Pension gewährt wird, steht unter bestimmten Voraussetzungen, der Hälftesteuersatz für den Übergangsgewinn iSd § 37 Abs 5 Z 3 EStG zu.
Da hier die Forderung, wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart, mit der Betriebsaufgabe verbunden ist und somit zum Betriebsvermögensvergleich zu bilanzieren ist, ist diese ein Teil der außerordentlichen Einkünfte iSd § 37 Abs 1 iVm Abs 5 EStG.

Zusammenfassung – Wann und wie ist der Übergangsgewinn zu ermitteln:
Bei der Aufgabe eines Betriebs bei Gewinnermittlung mit Einnahme-Ausgabenrechnung (§ 4 Abs 3 EStG) und bei der entgeltlichen Veräußerung eines Betriebes ist vor der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes (§ 24 Abs 2 EStG) auf Betriebsvermögensvergleich überzugehen.
Jene Unterschiede, die sich aufgrund der zeitlich unterschiedlichen Erfassung der Geschäftsvorfälle ergeben, sind durch Zu- und Abschläge auszugleichen. Vermögens- und Schuldposten, ausgenommen der Geldkonten, sind als Zuschlag bzw. Abschlag zu erfassen.

Voraussetzungen für den Hälftesteuersatz beim Übergangsgewinn
§ 37 Abs 5 EStG Anlass Voraussetzungen
Z1 Tod des Steuerpflichtigen Betriebsveräußerung bzw.-aufgabe
Z2 Erwerbsunfähigkeit: StPfl ist nicht in der Lage den Betrieb fortzuführen bzw. die Aufgaben als Mitunternehmer zu erfüllen (geistige/körperliche Behinderung) ·         Medizinische Beurteilung durch zuständigen SV-Träger ODER medizinisches Gutachten von allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen

·         Betriebsbezogene Erwerbs-unfähigkeit: Gesundheits-zustand verhindert die Ausübung der betrieblichen Tätigkeit à Betrieb wird veräußert, Rz 7315b EStR

Z3 Vollendung des 60. Lebensjahres

UND

Einstellung der Erwerbstätigkeit

Erwerbseinstellung = Alle ausgeübten Tätigkeiten im Kalenderjahr überschreiten folgende Grenzen nicht:

 

Gesamtumsatz € 22.000,00

UND

gesamte Einkünfte € 730,-

Definition Erwerbstätigkeit:

Alle aktiven Beteiligungen im Erwerbsleben sowie Funktionsgebühren iSd € 29 Z 4 EStG

 

NICHT schädlich zB.:

·         Pensionsbezüge

·         Einkünfte aus Vermögensverwaltung (V+V und Kapitalvermögen)

·         Verwertung von Rechten (Urheber- und Patentrecht)

Wiederaufnahme ist nicht schädlich, wenn zwischen Betriebsaufgabe/-veräußerung mehr als ein Jahr liegt und kein innerer Zusammenhang zwischen Einstellung und der (Wieder)Aufnahme der Tätigkeit besteht.
Voraussetzungen für den Hälftesteuersatz beim Übergangsgewinn
Abs 5 letzter Satz

Gilt für Z 1-3

Antragstellung in der Steuererklärung E1a: Kennzahl 9010, E1: Kennzahl 423
Seit Eröffnung/letztem Erwerbsvorgang müssen 7 Jahre verstrichen sein 7 Jahre bedeutet 84 Kalendermonate
Rz 7323 EStR Nur wenn Betriebsveräußerung oder -aufgabe steuerpflichtig ist, wird Übergangsgewinn begünstigt Nicht bei Einbringung eines Betriebes bei EA-Rechnung, zB Buchwertfort-führung nach Art. III UmgrStG in eine Körperschaft.

Zusammenfassung:

Lt. dem VwGH ist bei den nachstehenden Gegebenheiten unter Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gem. § 37 Abs 5 EStG eine begünstigte Übergangsgewinnbesteuerung für die Abfindung einer Firmenpension an GmbH Gesellschafter-Geschäftsführer gegeben:

  • Betriebliche Einkünfte als Gesellschaftergeschäftsführer
  • Pensionszusage, die eine Kapitalabfindung vorsieht
  • Ausscheiden aus der Geschäftsführung nach Vollendung des 60. Lebensjahres, dh
    • Einstellen aller sonstigen aktiven Erwerbstätigkeiten
    • Jahresumsatz < € 22.000,-,
    • Gesamteinkünfte < € 730,-,
    • gleichzeitige Geltendmachung der Kapitalabfindung
  • Ausscheiden vor Vollendung des 60. Lebensjahres wegen Erwerbsunfähigkeit und gleichzeitige Geltendmachung der vereinbarten Kapitalabfindung
  • Das Ausscheiden darf frühestens 7 Jahre nach Eröffnung bzw. nach dem letzten Erwerbsvorgang des Betriebes erfolgen.

Exkurs: Abfindung einer Zusatzpension der Vorsorgeeinrichtung der freien Berufe

Eine in den Vorsorgewerken der freien Berufe geregelte Pensionsabfindung (zB Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder) wird gem. § 67 Abs 10 EStG wie ein laufender Bezug im Monate der Auszahlung besteuert. Nur wenn das Pensionsguthaben insgesamt € 12.300,- (Wert 2018) nicht übersteigt, erfolgt die Besteuerung der Gesamtabfindung mit dem halben Steuersatz gem. § 67 Abs 8 lit e EStG.