Haftungsfallen für Geschäftsführer und Bilanzierer

Strafrechtliche Bestimmungen:

Das Strafrechts-Änderungsgesetz, welches seit 1.1.2016 in Kraft ist, hat nun alle Strafbestimmungen aus den diversen gesellschaftsrechtlichen Gesetzen wie AktG, GmbHG und anderen Sondergesetzen in StGB zusammengefasst und diese zugleich verschärft. Nach den §§ 163 ff StGB betreffen diese Strafbestimmungen nicht nur Entscheidungsträger von Verbänden, sondern auch deren Beauftragte (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer). Als Entscheidungsträger gelten die geschäftsleitenden Organe von Aktiengesellschaften, GmbHs, Genossenschaften, großen Vereinen und Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person vollhaftender Gesellschafter ist. Auch Sparkassen, Privatstiftungen u. ä. fallen unter § 163c StGB. Entscheidungsträger der vorgenannten Verbände oder ein von Ihm Beauftragter sind mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen (§ 163a StGB), wenn der Jahres- oder Konzernabschluss, der Lagebericht oder Konzernlagebericht oder ein an die Öffentlichkeit gerichteter oder in einer Gesellschafter- oder Mitgliederversammlung sowie in einem Aufsichtsrat oder ähnlichem Beirat vorgetragener Bericht die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage falsch oder unvollständig darstellt.

Dabei spricht man von einer unvertretbaren Darstellung wesentlicher Informationen, welche als verwirklicht gilt, wenn ein erheblicher Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter oder Mitglieder oder für Gläubiger und Anleger herbeigeführt wird. Diese Regelung betrifft neben der Bilanzerstellung auch alle Präsentationen der Bilanz in diversen Gremien, aber auch für alle weiteren Schreiben (z.B. Ergänzungen und Nachweise zu Details des Jahresabschlusses). Weiters geht es auch um die Anmeldung an das Firmenbuch, wenn Leistungen für eine Kapitaleinlage, z.B. Sacheinlage bei Umgründungen, beantragt werden. Weiters sind im § 163a StGB auch die Berichterstattung über die Beziehung des Verbandes zu verbundenen Unter-nehmen genannt. Lt. § 163a Abs. 2 StGB benennt die Berichterstattung über die Liquiditätssituation als einen wesentlichen Punkt. Erstellt ein Entscheidungsträger, oder dessen Beauftragter den Sonderbericht über die drohende Gefährdung der Liquidität nicht, ist diese Unterlassung ebenfalls zu bestrafen. Der bilanzierende Steuerberater sollte daher vom Geschäftsführer eines Krisenunternehmens eine Liquiditätsplanung erhalten und diese mit ihm besprechen. Die vorangegangenen Strafbestimmungen gelten für alle Gesellschaften, die ihren Sitz oder Niederlassung in Österreich haben. Aufgrund der Höhe der Strafandrohung im Bilanzstrafrecht ist die fehlerhafte Bilanzberichterstattung auch eine Vortat zur Geldwäscherei und wird auch nach § 165 StGB bestraft werden können. Die Strafen gelten weiters für große Vereine (Einnahmen > 3 Mio. Euro/Jahr oder Spendenvolu-men > 1 Mio. Euro/Jahr) oder Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person vollhaftenden Gesellschafter ist.

Wesentliche Informationen: Die Strafbestimmung sieht vor, dass wesentliche Informationen falsch oder unvollständig widergegeben werden. Ob eine Information als „wesentlich“ einzustufen ist, wird durch die Business Judgement Rule und die Abschlussprüfung definiert und mit einem bestimmten Prozentsatz der Bilanzsumme oder des Umsatzes festgelegt (idR zwischen 0,5% und 1%). Der Bezugsrahmen für die Wesentlichkeit erstreckt sich über die Ertragslage zum Abschlussstichtag als auch über die Berichterstattung in Anhang, Lagebericht und die weitere künftige Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Verbandes zu einem späteren Zeitpunkt.

Unvertretbarkeit: Das Ausnützen von Bewertungsspielräumen ist erlaubt, aber wissentlich falsche Darstellungen oder das In-Kauf-nehmen von Fehlinformationen sind strafbar.

Schaden: Der Schaden, der aufgrund von Fehldarstellungen entstanden ist, muss erheblich für den Verband, Gesellschafter und Anleger sein. Ein kleiner Schaden ist nicht ausreichend. Insofern ist eine Erleichterung für den Bilanzersteller eingetreten, aber andererseits muss ein konkreter Schaden noch nicht eingetreten sein. Allein die Möglichkeit, dass die Fehlinformation kausal ist für den Schaden des Verbandes, der Gesellschafter oder der Anleger genügt. Insofern ist – gegenläufig – eine Ausweitung des Tatbestandes zu verzeichnen.

Bilanzierungswahlrechte: Diese können zu Haftungsfällen werden, wenn die Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage falsch eingeschätzt werden und es demnach zu einer Verwirklichung des Tatbestandes der Bilanzfälschung kommt:

• Wahlrecht zur Schaffung von gewillkürten Betriebsvermögen o Der zweite (private) Pkw des GF, der Pkw des nicht mitarbeitenden Partners oder GGF, private Tablets und Telefone oder auch eindeutig privat genutzte Wohnmöbel bzw. Wohnausstattung sind Beispiele dafür.

• Aktivierungswahlrecht für den Unterschiedsbetrag aus Umgründung gem. § 202 Abs. 2 Z 2 UGB • Zuweisung zu den Anlagengruppen mit längerer oder kürzerer Nutzungsdauer stellt bereits ein Bilanzierungswahlrecht dar und wird die weitere Ertragslage beeinflussen

• Bilanzierungswahlrecht bei den Aufwandsrückstellungen

• Seit dem RÄG 2014 gibt es auch bei latenten Steuern Wahlrechte für die kleinen Kapitalge-sellschaften und für alle Gesellschaften beim Ansatz von Verlustvorträgen; Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften haben die latenten Steuern auf die Differenz zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz gem. § 199 Abs. 9 UGB jeden-falls anzusetzen und zu erläutern.

Weitere Wahlrechte:

• Festwertverfahren im Anlagevermögen gem. § 206 Abs. 1 UGB

• Bewertungsmethoden im Vorrätebereich

• Entscheidungsspielraum bei Personalrückstellungen, Rückstellungen für Pensionen, Abfer-tigungen und Jubiläumsgelder hinsichtlich der Bewertungsmethode Zeitnahe Bilanzierung und unzulässige Wertansätze: Eine weitere Haftungsfalle für den Bilanzierer ist die nicht zeitnah erfolgte Bilanzierung (innerhalb der gesetzlich festgelegten Aufstellungsfrist von 5 Monaten). Der Steuerberater darf bei der Bilanzerstellung nicht an unzulässigen Wertansätzen der Geschäftsführung mitwirken bzw. diese auch nicht vorschlagen. Die Einschätzung und die Beurteilung der Bewertungsmethoden muss allein beim Unternehmen liegen und darf nicht vom Steuerberater vorgenommen werden.

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